Chili-Schärfe neutralisieren
Auf dem Weg zur Arbeit gehe ich an einem türkischen Gemüsehändler vorbei. Sein Gemüse und Obst sieht in den Auslagen immer frisch und appetitlich aus. Gerade seine Peperonis, Chilischoten und Paprikafrüchte schauen zum Anbeißen aus. Manchmal sehe ich den Gemüsehändler schimpfen, weil Passanten an den Weintrauben naschen, ohne zu bezahlen. Manchmal geht gleich ein ganzer Apfel im Vorbeigehen mit.
Als ich heute um die Ecke bog, schlenderte just in dem Moment eine feine Dame im Pelz am Gemüsestand vorbei. Sie nahm sich eine kleine, gelbe Paprika und steckte sie blitzschnell in den Mund. Vermutlich warten Sie jetzt auf den typischen Paprika-Geschmack. Pustekuchen! In ihren Augen schossen Tränen, trotzdem konnte sie gerade noch das Schild von der Mini-Paprikasorte lesen: gelbe Habanero Chili, 100 g heute nur 3 €.
Neutralisieren
Wasser
Sie schnappte nach Luft, lief rot an und kreischte etwas von Brennen und Feuer und flehte um Wasser. Da keiner von den anderen Kunden richtig verstanden hatte, was mit der Frau los war, stürmte sie in das Ladenlokal und gierte nach Wasser. Sie fand Mineralwasser und ich hätte schwören können, wäre es eine Glasflasche gewesen, sie hätte den Hals abgeschlagen. Sie setzte an, kippte eine halbe Flasche Mineralwasser in sich hinein und brüllte nur noch lauter.
Nun mit Sprudel kann nicht die Schärfe neutralisiert werden. Damit wird alles noch viel schlimmer, da der Schärfestoff Capsaicin sich dadurch nur in der Mundhöhle verteilt. Der Vorteil bei dem Ganzen war, dass Ihre Stimme nicht mehr so schrill war. Scheinbar hatte sie die Kontrolle über ihre taube Zunge verloren.
Weißbrot
Die nächste Idee der unvorsichtigen Mundräuberin war schon etwas besser. Sie riss sich ein Stück vom Fladenbrot ab und biss hinein. Das Weißbrot half zwar auf Anhieb das Brennen im Mund zu mindern, aber eine echte Befreiung war das indessen auch nicht. Eine kleine Gruppe Schaulustige hatten sich jetzt um die Frau gebildet. Bei dieser bildeten sich Schweißtropfen auf der Stirn. Ob vor Scham oder wegen der Habanero, konnte nicht genau gesagt werden.
Milch
Der Blick raste jetzt durch türkischen Supermarkt nach etwas Brauchbarem gegen die brutale Schärfe. Sie stürzte zum Milchprodukte-Kühlregal und biss eine Milchtüte auf. Als sie die Milch trank, konnte für einen kleinen Moment eine unendliche Erleichterung im Gesicht erkannt werden. Immer wenn sie die Kuhmilch absetzte, machte sich Panik in den Augen breit, erleichtert, wenn sie wieder trank. Interessantes Mienenspiel, welches sich fünf- bis sechsmal wiederholte.
Chilis kauen
Endlich hatte der Besitzer des Ladens verstanden, was passiert ist. Wer kommt denn auf die Idee, dass sich eine Passantin eine ganze Habanero samt Kerne in den Mund steckt. Nun gut, hoffentlich wurde die Habanero vor dem Schlucken zehnmal gekaut. Sonst kann es später Schmerzen im Darm geben.
Fett: Mascarpone auf Toast
Der türkische Gemüsehändler reichte der Chili Diebin ein Toastbrot mit Mascarpone. Dies ist die beste Variante, um Schärfe von Chilis zu neutralisieren, ließ er wissen. Jogurt und Quark mit einem hohen Fettanteil ist ebenso hilfreich. Capsaicin löst sich nur in Alkohol und Fett auf. Deswegen eine honigsüßes Mascarpone mit 80 % Fettanteil. Das Toastbrot wirkt dabei, als wenn ein Putzlappen im Mundraum wischt. Gleichzeitig wird die Schärfe vom fettigen Frischkäse aufgenommen und damit das Brennen gekühlt.
Limetten- oder Zitronensaft
Eine weitere Frau empfahl, die Schärfe mit Limettensaft zu bekämpfen, eine Methode, die sich als sehr effektiv erwies. Er erklärte, dass sowohl Limetten- als auch Zitronensaft gut geeignet seien, um die Schärfe zu neutralisieren, wobei man natürlich nicht zu viel davon trinken sollte. Geduld sei dabei ebenfalls ein wichtiger Faktor.
Leider habe ich nie erfahren, ob der Händler die Habaneros absichtlich in die Auslage gelegt hatte, um Gemüse-Schnorrer das Handwerk zu legen. Noch weiß ich, ob die Frau jemals das wertvollste Mascarpone-Toast bezahlt hat. Doch diese Dame weiß jetzt, wie Chilis am besten neutralisiert werden.
Peter wurde von seiner Freundin inspiriert, scharf zu essen. Schnell fing er Feuer und Flamme und liebte die Vielfalt der Chilis. Aber in Deutschland waren und sind viele Chili-Sorten selten.
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